23.06.2016 - Der Sturm von Kinderdijk
Nachdem wir den Tag zuvor die Superzelle in Nordfrankreich und Belgien gechased und danach stundenlang am Ärmelkanal die Blitzshow genossen hatten, trafen wir uns in Dordrecht mit Rick, Marloes und Gijs, unsere Kollegen aus Holland. Eigentlich wollten wir bei Rick übernachten, aber irgendwie war keine Schlafstimmung da, da wir seit einer Stunde auf dem Radar eine Superzelle mit enormer Blitzrate verfolgten, die genau in unsere Richtung zog.
Als wir uns dann endlich entschlossen, die Superzelle auszublenden und schlafen zu gehen, gingen wir vorher noch kurz ins Dachgeschoss des Hauses, da das Fenster in diese Richtung Ausblick gewährte. Fast wären wir vom Stuhl gefallen, als wir sahen, was für eine riesige Sturmfront dort auf uns zukam. Dementsprechend hetzten wir um 5 Uhr morgens völlig fertig vom letzten Tag ins Auto und fanden durch Zufall die Windmühlen des UNESCO Weltkulturerbes in Kinderdijk - Ein Ort der seinen Namen hat, weil einer Legende nach ein Kind dort während eines Sturmes unversehrt angespült worden ist. In unserem Fall war es dann eben eine Shelf Cloud ;-).
Als wir schließlich bei den Windmühlen angekommen waren, erlebten wir ein Gewitter, dass vor einer unschlagbaren Kulisse so spektakulär aufzog, dass wir uns eigentlich alle sicher waren, nie wieder in unserem Leben etwas so unglaubliches zu sehen. Wir waren alle komplett fassungslos und eigentlich nur nebenbei am fotografieren, eher am genießen, als die Sonne anfing die ganze Szene noch in einen leichten Orange/Rot Ton zu versetzen. Glühende Shelfcloud über Windmühlen - Noch Holländischer geht es eigentlich nicht oder?
Jonas hat ein Live-Video auf Severe Weather Europe geschaltet, das relativ schnell eine große Reichweite erzielte.
Nachdem wir die Eindrücke verarbeitet hatten, fuhren wir weiter in Richtung Belgien zurück, wo wir den Tag über immer wieder kleine Gewitter beobachteten, aber eigentlich nur auf neue Auslöse über Nordfrankreich warteten. Nach einem ergiebigen und sehr heißem Tag, immer noch ohne Schlaf, lösten dann heftige Gewitter über den Niederlanden und Nordfrankreich aus. Da die Gewitter über Frankreich besser erreichbar waren, entschlossen wir uns, in Richtung Charleroi zu fahren und dort das Bow-Echo mit HP-Superzelle, das sich über Frankreich entwickelt hatte, abzufangen. Wir haben es grade so geschafft, noch ein paar Bilder zu machen, bevor wir von dem Kern getroffen wurden, der mit heftigem Downburst und vielen Blitzen über uns niederging.
Nachdem wir über überflutete und verwüstete Autobahnstrecken wieder in Richtung Brüssel gefahren waren, konnten wir auf dem Heimweg bei Genk noch eine Superzelle mit Wallcloud, eine schöne freistehende Gewitterzelle fotografieren, die zwar keine Erdblitze produzierte, aber unter dem Sternenhimmel trotzdem sehr schön anzusehen war und mehrere Gewitter auf der Deutschen Seite, die ordentliche Blitze warfen, aber dann auch relativ zügig wegzogen. Alles in allem einer der besten und der vielleicht fotogenste Tag in der Chasing-Historie des Gewitterjagd Teams und definitiv ein Tag, an den wir uns alle gerne zurückerinnern.
Morgens um 11 waren wir dann endlich zu Hause, nach mehr als 2 Tagen ohne Schlaf und über 1500 gefahrenen Kilometern könnten wir eigentlich alle eine ordentliche Ladung Ruhe gebrauchen, aber wir wären nicht wir, wenn wir nicht auch die Kaltfront, die über Hessen einige Superzellen produzierte, auch noch abgefangen hätten.