27. Mai 2016 - Langlebige Superzelle von Koblenz bis Frankfurt
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Am 27. Mai stand die erste gute Lage in der Nähe (Relativ natürlich) an. Bei guten Scherungswerten und ganz ordentlichem CAPE hatte sich bereits vormittag eine Tornado-produzierende Gewitterzelle gebildet, die unser Kollege Andy Holz aus der Eiffel dokumentiert hat. Die Zelle schien lange durchzuhalten und war auch weitestgehend isoliert, deswegen entschlossen wir uns auf bei Polch, südwestlich von Koblenz, einen Standort zu suchen. Dort warteten wir dann, bis die langsam ziehende Zelle uns mit eindrucksvoller Wallcloud erreichte.
Als die Zelle aus dem Gebirge rauszog, wurde sie plötzlich schneller und wir hatten keine Chance mehr, auf die Autobahn zu flüchten. Unsere holländischen Kollegen hatten uns gewarnt, dass großer Hagel aus dem Kern fiel, also suchten wir Schutz unter einer Tankstelle. Auf dem Weg dorthin zeigte sich das Gewitter zum ersten Mal von der spektakulären Seite, als ein blau leuchtendes Whales-Mouth unter der Front auftauchte.
Nach heftigem Sturm und kleinerem Hagel entschlossen wir uns, in Richtung SO die Autobahn durch das Gewitter durch zu nehmen. Die Autobahn war quasi eine Mischung aus reißendem Fluss und Winterlandschaft. Große Hagelmassen waren gefallen und auf der hügeligen Strecke kam das Wasser teilweise 20cm hoch runter- geschossen. Nach einer Stunde konnten wir uns dann bei Wiesbaden knapp vor die Zelle setzen und hatten wieder einen spektakulären, aber irgendwie auch gruseligen Anblick. Wiesbaden wurde kurz darauf komplett geflutet.
Das Live Video, das wir über Unwetteralarm veröffentlicht haben.
Bevor das Gewitter uns erneut erreichte, fuhren wir weiter in Richtung Aschaffenburg, warteten dann aber knapp südlich von Frankfurt auf die Zelle, die wieder an Geschwindigkeit verloren hatte. Selbst Frankfurt hat das Gewitter teilweise überflutet, wie wir danach im Radio hörten. Mittlerweile war die gesamte Wolke ein laminarer Haufen, der von allen Richtungen Wolken in sich hineinzog. Die Blitzaktivität war mittlerweile auch sehr weit runtergegangen, langsam ging die Puste aus. Interessant sah es ja trotzdem aus.
Nach einem ganzen Tag quer durch den Westen und die Mitte Deutschlands war Schluss für dieses wirklich langlebige und vielschichtige Gewitter. Sicherlich eins der interessanteren Sorte, eine so lange Zugbahn quer über Mittelgebirge und so viele verschiedene Gesichter findet man nicht oft in Deutschland.